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Montag, 16. Dezember 2013

Zinsen lassen diese Geldanlage attraktiv erscheinen, doch liegen die Risiken auf der Hand, insbesondere wenn Genussrechte wie im Falle Prokon nur privat verkauft werden können.

GenussrechteWie geht es Prokon?

 ·  Die Stiftung Warentest warnt vor Genussrechten von Prokon Regenerative Energien. Wie steht es um das Unternehmen wirklich?
© DPAVergrößernGeld verdienen mit Windkraft - das verspricht Prokon.
Die Branche der Erneuerbaren Energie sorgt seit Monaten immer wieder für negative Schlagzeilen. Unter Dauerbeschuss steht unter anderem der Konzern Prokon und seine Tochter Prokon Regenerative Energien. Der Konzern baut hauptsächlich Windparks, aber stellt auch Holzbriketts und Biodiesel her. Das Unternehmen finanziert sich hauptsächlich durch Genussrechte, die offensiv an Privatanleger vertrieben werden, unter anderem etwa durch Werbeflächen im Nahverkehr.
Genussrechte verbriefen wie Anleihen einen Anspruch auf Zins und Rückzahlung. Dafür aber nehmen sie aber auch am Verlust der Gesellschaft teil, indem der Rückzahlungsanspruch anteilig gekürzt wird. Dieser Verlust kann später wieder ausgeglichen werden. Im Konkurs- oder Liquidationsfall sind die Rückzahlungsansprüche der Genussscheininhaber zumeist gegenüber aller anderen Gläubiger nachrangig. Hohe Zinsen lassen diese Geldanlage attraktiv erscheinen, doch liegen die Risiken auf der Hand, insbesondere wenn Genussrechte wie im Falle Prokon nur privat verkauft werden können.
Die Intensität der Bewerbung der Genussrechte durch das Unternehmen hat Anlegerschützer misstrauisch gestimmt und zu sehr kritischen Kommentaren geführt. Prokon wiederum fühlt sich missverstanden und spricht auf seinen Internet-Seiten von völlig falschen Behauptungen. Man habe sich nach einem Bericht der Zeitung „Die Welt“ entschlossen, für Anfragen der Medien nicht mehr zur Verfügung zu stehen. „Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie in Zukunft in Medienberichten über Prokon lesen ‚Von Prokon gab es dazu keinen Kommentar.’“ Dies trägt zumindest in den Medien und bei Anlegerschützern naturgemäß nicht zur Vertrauensbildung bei. Prokon veröffentlicht aber mittlerweile mehr Details und Zahlen über den Geschäftsgang als früher.

Entwicklung kritisch betrachten

Diese wiederum liefern aber auch Indizien für die Vermutung, dass mit dem Unternehmen nicht alles zum Besten bestellt sein könnte. In den ersten acht Monaten des laufenden Jahres setzte Prokon demnach knapp 229 Millionen Euro um und erwirtschaftete dabei einen operativen Gewinn vor Abschreibungen und Zinsen von 22,5 Millionen Euro. Gleichzeitig fielen danach noch rund 44 Millionen Euro an Schuldendienst für Anleger an.
Es ist aber schwierig, eine Aussage darüber zu treffen, ob diese offenkundige Unterdeckung im Laufe des Jahres ausgeglichen werden kann, da Prokon im Zuge einer eher unregelmäßigen Berichterstattung keine Vergleichszahlen für die ersten acht Monate veröffentlicht hat. Aus den im Internet veröffentlichten Rundschrieben und Prospekten lassen sich zwar Geschäftszahlen für die Gesamtjahre 2010 und 20111 entnehmen, aber für das Jahr 2012 nur für die ersten zehn Monate. Dennoch geben die Zahlen Anlass die Entwicklung kritisch zu betrachten 2010 erzielte Prokon noch einen operativen Gewinn von knapp 88 Millionen Euro. 2011 waren es noch knapp 73 Millionen, in den ersten 10 Monaten des Jahres 2012 rund 31 und in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres eben noch 22,5 Millionen. Auch der Umsatz zeigt sich tendenziell rückläufig und der ausgewiesene Überschuss im Teiljahr 2012 betrug lediglich 900.000 Euro. Dies lässt sich den Rundbriefen an die Anleger und anderen Veröffentlichungen auf den Internet-Seiten von Prokon entnehmen. Aussagen können indes aufgrund der unzulänglichen Vergleichbarkeit der Zahlen nur mit aller Vorsicht getroffen werden. Prokon fand sich auch auf Anfrage von F.A.Z.NET nicht zu einer Stellungnahme bereit, sondern verwies lediglich auf die Stellungnahmen auf den eigenen Internet-Seiten.
Mit Sorge lässt sich auch die Entwicklung der Bilanz betrachten. Ende 2011 wies Prokon für den größten Unternehmensbereich der Windenergie nur ein Verlustvortrag von wenig mehr als 3 Millionen Euro ausgewiesen. Zum 31. August 2013 waren es schon 107 Millionen Euro. Für das Gesamtunternehmen weist Prokon für Ende August einen Verlustvortrag von gut 194 Millionen Euro aus. Dieser stieg gegenüber dem Ausweis für Ende Juli um gut 44 Millionen Euro. Zur Erklärung heißt es, die Abschreibungsplanung für das laufende Geschäftsjahr sei überprüft und um den nicht geringen Betrag von 20 Millionen Euro angepasst. Ferner seien historische Ergebnisse der Geschäftsbereiche Biogene Kraftstoffe und Biomasse in Höhe von rund 24 Millionen Euro zu berücksichtigen gewesen. Das Negative an der Tatsache des höheren Bilanzverlustes sei vor allem, kritisierte die Stiftung Warentest, dass dadurch das Stammkapital aufgezehrt wurde. Mithin drohe den Genussrechtsinhabern damit eine Verringerung der Rückzahlungsansprüche. Auch hierzu gab es keinen Kommentar von Prokon.

Die stillen Reserven stehen jetzt in der Bilanz auf Null

Die hohen Abschreibungen verstärken auch den Zweifel an der Werthaltigkeit des Konzerns. Dieser hatte stets damit geworben, dass durch die Differenz zwischen Buch- und Marktwerten der Windparks hohe stille Reserven vorhanden seien. Diese sollen die Ansprüche der Gläubiger absichern. So wurden gemäß der Genussrechtsbedingungen in den vergangenen Jahren auch Zinsen ausgeschüttet, wenn der Gewinn hierzu nicht ausreichte, gleichsam im Vorgriff auf die zu einem späteren Zeitpunkt erzielbaren Verkaufserlöse.
Doch nun vermeldete Prokon, dass man sich in der Auseinandersetzung mit mittlerweile zwei Wirtschaftsprüfern dazu entschieden habe, die stillen Reserven in der Bilanz mit Null anzusetzen und diese außerhalb der Bilanz im Internetauszuweisen. Ob und in welchem Maß sich dies auf die Ausschüttungen auswirkt, scheint zur Zeit unklar. Prokon wollte auch das nicht kommentieren, sondern verwies auch hier nur auf die auf Stellungnahmen im Internet, aus denen aber keine eindeutige Aussage diesbezüglich herauszulesen ist.
Gleichwohl sieht das Unternehmen die Ansprüche der Genussrechteinhaber nicht als gefährdet an. Ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Marktwerte (das heißt der stillen Reserven) betrage das Sachanlagevermögen 92,9 Prozent des Genussrechtskapitals. Da Prokon davon ausgeht, im Zweifel höhere Erlöse erzielen zu können, reiche das Vermögen damit in jedem Fall zur Befriedigung der Ansprüche aus. Darüber hinaus seien sowohl die versprochene Mindestausschüttung von 6 Prozent als auch die Tilgung selbst dann leistbar, wenn Prokon sich in zwei Jahren nur noch auf das Bestandsgeschäft mit dem Betrieb von Windparks, der Vermarktung von Strom und den Aktivitäten in den Bereichen Biogene Kraftstoffe und Biomasse im bestehenden Umfang beschränken würde. Dabei unterstelle man dass die Investitionen in eine eigenen Windenergieanlage wertlos sei und Gebäude, Maschinen, Lizenzen oder weitere in der Planung befindliche Windparks nicht veräußert werden könnten. Es würde sogar eine Liquiditätsreserve verbleiben, die im günstigsten Fall ebenfalls noch an die Anleger ausgeschüttet werden könnte.
Die stillen Reserven aus realisierten und im Bau befindlichen Windparks beziffert Prokon zum 31. Oktober auf 115,4 Millionen Euro, davon 78,1 Millionen in den in Bau befindlichen Windparks. Dabei seien die windreichen Monate November und Dezember noch nicht berücksichtigt, so dass die Werte zum Jahresende steigen würden. Hinzu kämen noch stille Reserven durch das Pflanzenölwerk und die HIT Holzindustrie Torgau. Der Nachteil an diesen stillen Reserven ist allerdings in jedem Fall, dass sie nicht unmittelbar liquiditätswirksam sind. Auch bei hohen stillen Reserven kann eine Insolvenz eintreten, wenn der Liquiditätsbedarf nicht mehr gedeckt werden kann. Um den zu decken, benötigt Prokon entweder Zuflüsse aus dem laufenden Geschäftsbetrieb, also operative, oder ausFinanzierung, d.h. durch Bankkredite, die Ausgabe von Genussscheinen oder Eigenkapitalzufuhr.

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