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Samstag, 11. Januar 2014

Top-Rendite durch Öko-Produkte - mit diesem Versprechen hat Prokon über eine Milliarde Euro eingesammelt. Jetzt droht das Windenergieunternehmen seinen Anlegern mit der Insolvenz noch im Januar. Es sei denn, die verzichten vorübergehend auf ihr Geld.

Grauer Kapitalmarkt: Ökokonzern Prokon droht Anlegern mit Insolvenz

Von Christian Kirchner
Top-Rendite durch Öko-Produkte - mit diesem Versprechen hat Prokon über eine Milliarde Euro eingesammelt. Jetzt droht das Windenergieunternehmen seinen Anlegern mit der Insolvenz noch im Januar. Es sei denn, die verzichten vorübergehend auf ihr Geld.
Windräder: Für Prokon schlägt die Stunde der WahrheitZur Großansicht
ddp
Windräder: Für Prokon schlägt die Stunde der Wahrheit
Itzehoe - Der umstrittene Ökokonzern Prokon ist in akuten Liquiditätsschwierigkeiten und von der Insolvenz bedroht. Dies teilte der Konzern in einem in der Nacht auf Samstag auf seiner Internetseite veröffentlichten Rundschreiben an alle Anleger mit: "Eine Planinsolvenz kann nur verhindert werden, wenn wir für mindestens 95% des Genussrechtskapitals die Zusage erhalten, dass Sie uns Ihr Kapital mindestens bis zum 31.10.2014 nicht entziehen werden und einer Auszahlung, die auch in Raten erfolgen kann, zustimmen, oder wir ausreichend durch Neuzeichnungen unterstützt werden."

Eine mögliche Insolvenz wäre eine der größten Pleiten am grauen Kapitalmarkt in Deutschland aller Zeiten: Prokon ist mit zuletzt über 1,4 Milliarden Euro investiertem Genussscheinkapital der mit Abstand größte Anbieter von ökologischen Kapitalanlagen in der Bundesrepublik. Das Unternehmen war am Freitagnachmittag und Samstagmorgen telefonisch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.Grund für den finanziellen Engpass sind offenbar Anleger, die Prokon den Rücken kehren. "Wir müssen (…) deutlich machen, dass uns die vielen überstürzten Kündigungen in eine sehr ernste Bedrängnis bringen", teilt Prokon in dem auf den 10. Januar datierten Rundschreiben mit. Bereits 2013 hätten Anleger rund 130 Millionen Euro zurückgefordert. Weitere Kündigungen in Höhe von 150 Millionen Euro seien bis Mitte Februar fällig. "Es ist absehbar, dass wir die Zahlungen in dieser Höhe nicht fristgerecht leisten können", schreibt Prokon. Sollten nicht bis 20. Januar die Halter von 95 Prozent des Genussrechtskapitals erklären, dass sie die Mittel bis Oktober nicht kündigen werden - eine ausbleibende Reaktion werde als Ablehnung gewertet -, "bleibt uns nach dem jetzigen Stand der Dinge keine andere Möglichkeit, als noch im Januar den Schritt in die geplante Insolvenz gehen zu müssen".
Die jüngste Verkaufswelle entscheidend beschleunigt und die Liquiditätslage damit verschärft haben dürfte ein Schreiben an Anleger von Ende Dezember, in dem Prokon erklärt, die Zinsen künftig automatisch einzubehalten, statt sie wie prospektiert halbjährlich auszuzahlen - es sei denn, Anleger widersprächen schriftlich dieser Praxis. Kurz darauf musste Prokon auf seiner Internetseite zudem zugeben, dem kurzfristigen Anrufaufkommen von Anlegern nicht mehr Herr zu werden.
Prokon steht seit Jahren in der Kritik von Verbraucherschützern und Medien. Der 1995 vom heute noch agierenden Geschäftsführer Carsten Rodbertus gegründete Konzern mit rund 1300 Mitarbeitern hat nach eigenen Angaben bei rund 75.000 Anlegern knapp 1,4 Milliarden Euro über Genussrechte eingesammelt, die mit bis zu acht Prozent verzinst werden. Für den steten Zufluss an Geld betreibt Prokon einen hohen Werbeaufwand über Postwurfsendungen, TV-Spots und Anzeigen im öffentlichen Nahverkehr.

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Mit den eingesammelten Geldern errichtet Prokon vor allem Windräder, stellt aber auch Holzprodukte und Biokraftstoffe her. Allerdings bleibt Prokon seit Jahren den Beweis schuldig, die an Anleger geleisteten Zinszahlungen tatsächlich operativ zu erwirtschaften - und hat bis zum heutigen Tag keine von Wirtschaftsprüfern testierte und umfassende Konzernbilanz vorgelegt, die alle Zahlungsströme transparent macht. Stattdessen arbeitet Prokon lediglich mit selbstdefinierten Kennziffern und Bilanzentwürfen, in denen unter anderem Binnengeschäfte konzerneigener Gesellschaften für hohe ausgewiesene Gewinne sorgen oder Windanlagen immense stille Reserven zugeschrieben bekommen. Doch selbst jene "Bilanzentwürfe" legten zuletzt offen, dass das Eigenkapital Prokons aufgezehrt und Prokon bis Oktober 2013 einen Verlust von knapp 210 Millionen Euro aufgehäuft hat. Diesen begründete das Unternehmen mit notwendigen Anfangsinvestitionen, die sich erst über die Jahre amortisierten.Kritiker werfen Prokon auf Basis des veröffentlichten Zahlenmaterials und schwachen operativen Geschäften vor, ein Schneeballsystem zu betreiben, in dem Zinsen und Tilgungen alter Anleger mit dem Zufluss neuer Anleger finanziert würden - was Prokon stets dementiert hat. Umgekehrt wirft Prokon Medienvertretern seit geraumer Zeit "Hetze" und fehlende Sachkenntnis vor.
Auch in dem nun veröffentlichten Rundschreiben fordert Prokon Anleger auf, sie sollten es nicht zulassen, dass sich "Heuschrecken und Energiekonzerne für wenig Geld ein Vorzeigeunternehmen mit im Kapitalmarkt einmaliger, fairer Philosophie unter den Nagel reißen". Versehen ist das Schreiben zudem mit verschiedenen Antwortoptionen, in denen kündigungswillige Anleger unter anderem beschimpft werden, sie trügen "zur Vernichtung eines zukunftsfähigen Unternehmens" bei, verursachten Kosten von 20 Millionen Euro im Insolvenzfall und sähen ihr Kapital nicht zeitnah wieder. Sie werden zudem aufgefordert, ihre Kündigung von Genussrechten zu begründen.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/prokon-droht-anlegern-mit-insolvenz-a-942959.html

Dienstag, 7. Januar 2014

Die Energiewende ist bisher auch eine Kohlewende: Im vergangenen Jahr wurde in Deutschland soviel Braunkohle-Strom produziert wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr.

Folgen der EnergiewendeHöchste Braunkohle-Stromproduktion seit 1990

 ·  Die Energiewende ist bisher auch eine Kohlewende: Im vergangenen Jahr wurde in Deutschland soviel Braunkohle-Strom produziert wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr.
Trotz der milliardenschweren Förderung erneuerbarer Energieträger ist die klimaschädlicheStromproduktion aus Braunkohle im Jahr 2013 in Deutschland auf den höchsten Wert seit dem Jahr 1990 geklettert. Das geht aus vorläufigen Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen hervor.
Demnach wurden 2013 mehr als 162 Milliarden Kilowattstunden Strom in Braunkohlekraftwerken erzeugt - 1990, als noch viele alte DDR-Meiler liefen, waren es knapp 171 Milliarden Kilowattstunden. Dadurch wird trotz eines Ökostromanteils von inzwischen knapp 25 Prozent mit einem abermals gestiegenen CO2-Ausstoß in Deutschland gerechnet. Besonders im Rheinland und in der Lausitz wird der Strom aus Braunkohle produziert.
Die Grünen forderten von Union und SPD, dem Trend rasch entgegen zu wirken, er sei dramatisch für die Klimaschutzbilanz. „Wer es mit dem Klimaschutz ernst meint, muss dafür sorgen, dass immer weniger Strom aus der Braunkohle kommt“, sagte die Umweltpolitikerin Bärbel Höhn. „Der CO2-Ausstoß braucht einen entsprechenden Preis, damit sich klimaschonendere Gaskraftwerke durchsetzen können.“ Und weiter klagte sie: „Die Braunkohlekraftwerke sind nach den Atomkraftwerken die entscheidenden Renditebringer von RWE und Co. Da werden auch die ganz alten Kraftwerke nicht abgeschaltet.“

Rekord-Stromexport

Insgesamt führte die gestiegene Braunkohle-Produktion auch zu einem rekordhohen Stromexport - dieser betrug im gerade zu Ende gegangenen Jahr rund 33 Milliarden Kilowattstunden. „Deutschland hat 2013 an acht von zehn Tagen mehr Strom exportiert als importiert. Das ist zu einem Großteil Strom aus Braun- und Steinkohlekraftwerken“, sagte der Strommarktfachmann Patrick Graichen von der Berliner Denkfabrik Agora Energiewende. „Diese verdrängen damit Gaskraftwerke nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland - insbesondere in den Niederlanden“, erläuterte er. Experten gehen von guten Einnahmen durch den Kohlestromverkauf im Ausland aus.
Auch die Stromproduktion in Steinkohlekraftwerken stieg um 8 Milliarden auf mehr als 124 Milliarden Kilowattstunden, während die Stromproduktion in Gaskraftwerken um 10 auf 66 Milliarden Kilowattstunden zurückging. Damit fangen vor allem Kohlekraftwerke den Wegfall von acht Atomkraftwerken auf, während sich CO2-ärmere, aber im Betrieb teurere Gaskraftwerke derzeit kaum rechnen.
Nach den vorläufigen Zahlen habe sich die Stromerzeugung aus Braunkohle unter allerdings gesunkenem Braunkohleneinsatz im vergangenen Jahr noch einmal um 0,8 Prozent erhöht, sagte Jochen Diekmann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) als Mitglied der AG Energiebilanzen. Zum einen sei der Preis für CO2-Verschmutzungsrechte im EU-Emissionshandel sehr niedrig. Zum anderen seien allein 2012 neue Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von 2743 Megawatt hinzugekommen, während alte Blöcke mit einer Leistung von 1321 Megawatt vom Netz gingen.

„Energiewende-Paradox“

Energieexperte Graichen sprach vom „Energiewende-Paradox“: Ausbau von Solar- und Windparks und dennoch steigende Kohlendioxid-Ausstöße. Rund 23,5 Milliarden Euro Förderung für erneuerbare Energieträger werden dieses Jahr vermutlich über die Strompreise gewälzt - ein Vier-Personen-Haushalt muss mit knapp 220 Euro Ökostrom-Umlage in diesem Jahr rechnen.
Die Ursache ist laut Graichen, dass der CO2-Ausstoß derzeit kaum etwas koste. „Der europäische Markt für Emissionsrechtezertifikate muss dringend repariert werden, um das zu ändern.“ Die Menge an Emissionsrechten müsse reduziert werden, um den CO2-Preis zu erhöhen, fordert er.
Gerald Neubauer von Greenpeace sagte an die Adresse des neuen Wirtschafts- und Energieministers Sigmar Gabriel (SPD): „Er muss den schockierenden Kohleboom stoppen. Das ist die gravierendste Fehlentwicklung bei der Energiewende, die die deutschen Klimaschutzziele stark gefährdet.“ Deutschland sei Weltmeister bei der Stromproduktion aus Braunkohle. In keinem anderen Land werde soviel Braunkohle abgebaut.
„Der Kohleboom gefährdet inzwischen auch international die Glaubwürdigkeit Deutschland bei Klimaschutz und Energiewende.“ Auch 2014 würden neue Blöcke in nicht unerheblicher Zahl ans Netz gehen. „Wir vermissen gerade bei der SPD eine kritischere Haltung“, sagte Neubauer.

Montag, 6. Januar 2014

Widerruf einer Strom­versorger­erlaubnis ist nicht mit Gewerbeuntersagung gleichzusetzen

Finanzgericht HamburgBeschluss vom 08.08.2013 
4 V 91/13 -

Widerruf einer Strom­erzeuger­erlaubnis zulässig

Widerruf einer Strom­versorger­erlaubnis ist nicht mit Gewerbeuntersagung gleichzusetzen

Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass der Widerruf einer Strom­erzeuger­erlaubnis zulässig sein kann, wenn wegen wiederholter und massiver Verletzung der Anzeigepflichten Bedenken gegen die steuerliche Zuverlässigkeit bestehen und das Hauptzollamt weder über die Lieferung von Strom auch an Kunden ohne Erlaubnisschein informiert wurde, noch über erhebliche Erhöhungen der gelieferten Strommengen. Die Vollziehung des Widerrufs kann darüber hinaus nicht bereits infolge der Einspruchseinlegung gehemmt werden, da der Widerruf einer Strom­versorger­erlaubnis keine Gewerbeuntersagung darstellt, auch wenn der Verlust der Erlaubnis beim Betroffenen existenzbedrohende Probleme verursachen kann.
Im zugrunde liegenden Verfahren hatte das Finanzgericht Hamburg über einen Eilantrag eines als Stromversorger tätigen Unternehmens zu entscheiden. Das Hauptzollamt hatte ihm die Stromerzeugererlaubnis widerrufen. Mit dem Widerruf untersagte es die Nutzung der Erlaubnis und forderte die Antragstellerin zurunverzüglichen Rückgabe der erteilten Erlaubnisscheine auf.

Widerruf führt bei Unternehmen zu keiner unbilligen Härte

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung blieb beim Finanzgericht Hamburg ohne Erfolg. In seinem Beschluss führte das Gericht aus, dass der Widerruf bereits wegen Fehlens des Jahresabschlusses 2011 gerechtfertigt sei. Wegen wiederholter und massiver Verletzung ihrer Anzeigepflichten bestünden zudem Bedenken gegen ihre steuerliche Zuverlässigkeit, vor allem habe sie das Hauptzollamt weder über die Lieferung von Strom auch an Kunden ohne Erlaubnisschein informiert noch über die erheblichen Erhöhungen der gelieferten Strommengen. Der Stromsteueranspruch sei konkret gefährdet, zumal die Antragstellerin hohe Steuerbeträge schulde und den Strom nicht kostendeckend veräußere. Dass die Unternehmensgruppe, zu der die Antragstellerin gehöre, insgesamt Gewinne erziele, sei unerheblich. Vielmehr verstärke der Umstand, dass Aufwendungen und Erträge in unterschiedlichen Gesellschaften anfielen, die Gefährdungsprognose. Schließlich führe der Widerruf auch nicht zu einer unbilligen Härte. Eine Existenzbedrohung sei von der Antragstellerin nicht hinreichend dargelegt worden.

Vollziehung des Widerrufs wird nicht bereits durch Einspruchseinlegung gehemmt

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Die Vollziehung des Widerrufs werde nicht bereits infolge der Einspruchseinlegung gehemmt. Zwar bestimme § 361 Abs. 4 Satz 1 AO, dass die Einlegung eines Einspruchs, der sich gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung richte, ausnahmsweise die Vollziehung eines Bescheids hemme. Indes sei der Widerruf einer Stromversorgererlaubnis keine Gewerbeuntersagung, auch wenn der Verlust der Erlaubnis beim Betroffenen existenzbedrohende Probleme verursachen könne. Letztlich sei die Tätigkeit einesVersorgers durch den Widerruf nur insoweit betroffen, als ihm - zur Vermeidung einer Gefährdung der Steuerbelange - die Vorteile des in § 8 Abs. 1 ff StromStG geregelten Steueranmeldungssystems nicht mehr gewährt würden, und er wieder zur sofortigen Steueranmeldung und -entrichtung verpflichtet sei.