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Donnerstag, 14. November 2013

Politik plant neuen Schlag gegen Atombranche

Rückbau von AtomkraftwerkenPolitik plant neuen Schlag gegen Atombranche

 ·  Union und SPD wollen die angeschlagenen Atomkonzerne beim Abriss alter Atomanlagen und bei der Entsorgung des strahlenden Abfalls stärker in die Pflicht nehmen. Sie sollen Mittel in einen öffentlich-rechtlichen Fonds einbringen.
© RÖTH, FRANKVergrößernTeures Unterfangen: Die Versorger haben Milliarden für den Rückbau von Atomkraftwerken zurückgestellt.
Union und SPD planen weitere Belastungen für die wirtschaftlich schon angeschlagenen Betreiber von Kernkraftwerken. So müssen sich Eon, ENBW, RWE und Vattenfall nach den der F.A.Z. vorliegenden Plänen der Koalitionsarbeitsgruppe Umwelt darauf einstellen, heute in Kraftwerken und Netzen gebundene Mittel für den Abriss alter Atomanlagen und die Entsorgung des strahlenden Abfalls zur Verfügung zu stellen. „Zur Sicherstellung derFinanzierung der nuklearen Entsorgung könnte ein öffentlich-rechtlicher Fonds in Betracht kommen“, heißt es in dem Papier.
Auch verlangt die SPD eine Erhöhung der Steuer auf Brennelemente um 30 Prozent. Gegen die Steuer, die dem Bund seit 2011 rund 3,5 Milliarden Euro eingebracht hat, klagen Betreiber vor nationalen und internationalen Gerichten. Eine höhere Steuer würde die Rentabilität der Konzerne weiter schmälern. Als Reaktion auf die Folgen der Energiewende und des vorgezogenen Atomausstiegs haben sie schon Tausende Arbeitsplätze gestrichen. RWE kündigte am Donnerstag an, weitere 4750 Stellen im In- und 2000 Stellen im Ausland zur Disposition zu stellen.

Fonds ist eine Lieblingsidee von SPD und Grünen

Der öffentlich-rechtliche Fonds für den Rückbau der Atomanlagen ist eine Lieblingsidee von SPD und Grünen. Er würde der Politik die Kontrolle und Mitsprache über die heute in den Konzernen zurückgestellten Gelder ermöglichen. Es geht um hohe Summen. Das Deutsche Atomforum, die Vertretung der Branche, beziffert die für den Rückbau und die Entsorgung laut Atomgesetz zurückgestellten Beträge auf 34 Milliarden Euro. Eon hat 18 Milliarden Euro eingestellt, RWE 10Milliarden Euro, Vattenfall 3,6 Milliarden Euro.
Befürworter des Fonds argumentieren, die Rückstellungen seien bei den Konzernen nicht sicher und stünden im Insolvenzfall nicht zur Verfügung, weshalb der Steuerzahler für die Kosten aufkommen müsse. Das gelte es zu verhindern. Die Betreiber lehnen das ab. Die Mittel seien besser in den Unternehmen aufgehoben, sagte RWE-Vorstandsvorsitzender Peter Terium. Allerdings liegen die Gelder nicht „auf der Bank“, sondern sind in die Kraftwerke und Netze investiert. Das Atomforum weist darauf hin, dass Umfang und Verfügbarkeit der Rückstellungen jährlich von unabhängigen Wirtschaftsprüfern geprüft und testiert würden. Darüber hinaus würden sie ständig von der Finanzverwaltung überwacht. Laufende Rückbauprojekte belegten, dass das System „erfolgreich, effizient und sicher“ funktioniere.
Der Fonds ist nicht das einzige Thema, das den Kraftwerksbetreibern Sorgen bereitet. Denn die SPD will auch die 2011 eingeführte, allein dem Bund zustehende Steuer auf Brennelemente um 30 Prozent erhöhen und die Befristung auf Ende 2016 streichen. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums auf eine Frage der Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl betrugen die Einnahmen in diesem Jahr bis Ende Oktober 983 Millionen Euro, 2011 waren es 922 Millionen Euro, im Folgejahr 1,56 Milliarden Euro. Der Bund erhofft sich daraus bis 2016 noch knapp 4 Milliarden Euro Einnahmen.
Eon und RWE klagen gegen die Steuer vor Finanzgerichten und dem Verfassungsgericht, Vattenfall hat einen internationalen Schiedsgerichtshof angerufen. Eon hatte zudem unlängst erklärt, angesichts der niedrigen Preise an der Strombörse rentiere sich der Betrieb von Kernkraftwerken kaum noch. Ein Grund für den Preisverfall an der Börse ist die hohe Ökostromeinspeisung. Um eine höhere Steuerlast und Verluste zu vermeiden, könnten die Konzerne Atomkraftwerke vorzeitig stilllegen. Die meisten Kernkraftwerke werden aber in Süddeutschland betrieben, wo das Stromnetz schon heute angesichts der bereits abgeschalteten Kernkraftwerke instabil ist. Die Brennstoffsteuer ist eines von gut einem Dutzend Streitthemen in der Arbeitsgruppe Umwelt, darunter viele Detailfragen der Atompolitik. Die Union lehnt auch das Verlangen der SPD ab, Staatsbürgschaften für den Bau von Atomanlagen im Ausland zu verweigern.

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